Kein Alltag mehr ohne Orcam!

Im vergangenen Jahr war es das erste Mal, dass ich in meiner Weiterbildung zu inklusiver Pädagogik bei Blindheit und Sehbehinderung etwas von der Orcam hörte. Das Thema kam innerhalb einer Informationsveranstaltung über Blindenhilfsmittel, die von den Krankenkassen übernommen werden zustande. Es wurde allerdings nicht vertieft, weil die Orcam nicht von den Krankenkassen übernommen wird und ich befasste mich zunächst nicht weiter damit, da ich selbst noch aus Überzeugung Punktschriftnutzerin bin und ich mich zu der Zeit mit der Neubeantragung einer Braillezeile beschäftigte.
Mein Mann, selbst sehend, ist zum Glück sehr technikbegeistert und wir planten auch einen Tagesausflug nach Marburg im November vergangenen Jahres, um uns gemeinsam die Orcam auf der RehaFair an der Blista anzuschauen. An dieser Stelle ist zu sagen, dass wir glückliche Eltern zweier Jungs im Alter von 5 und fast 3 Jahren sind und dass einer der beiden natürlich an diesem Tag krank wurde. Ich bin Hausfrau und Mutter und mein Mann arbeitet in Wetzlar, sodass er an diesem Tag näher an der Orcam dran war als ich und er ließ es sich nicht nehmen, in seiner Mittagspause allein in Marburg vorbei zu schauen und zumindest sich von diesem besonderen Gerät zu überzeugen. Seit diesem Tag verstrickten wir beide uns immer wieder in Diskusionen über die Orcam, mein Mann wollte sie haben, ich nicht, merke den Rollentausch, denn ich brauche sie, mein Mann nicht. Ich fand den Preis ohne Zuschuss von der Krankenkasse sehr heftig und war mir außerdem nicht sicher, wie ich einer Brille auf meiner Nase etwas Zeigen soll, was ich selbst nicht sehe, damit es mir vielleicht vorgelesen wird.
Die Überschrift dieses texts zeigt bereits, wer sich durchgesetzt hat und wer doch noch überzeugt worden ist. Am 13. Februar dieses Jahres bestellte mein Mann die Orcam bei der Firma Helptech in Marburg und seit dem 17. März sind wir glückliche Orcam-Besitzer und ich bin eine noch glücklichere Orcam-Nutzerin!
Jeder weiß, dass kleine Kinder viele Fragen haben und es macht mich froh, dass meine Söhne und ich uns beispielsweise gemeinsam ein beschriftetes Poster im Kindergarten anschauen können oder ein ganz normales Bilderbuch mit Text. Ich kann viele Aushenge lesen, die Post ohne einscannen aber auch Packungsbeilagen von Medikamenten, Lebensmittelverpackungen, etc. Selbst ein kleiner Schaufensterbummel ist mit der Orcam möglich, wenn Text dabei ist. Auch das Durchstöbern einer Zeitschrift, eines Werbeprospekts ist mit der Orcambei vernünftigen Lichtverheltnissen drin. An dieser Stelle möchte ich jedoch ausdrücklich darauf hinweisen, dass Seheinschränkungen durch die Orcam nicht inexistent werden, ein Faktor, den man für sich selbst bereits vor Anschaffung einer Orcam beachten sollte aber auch im Umgang besonders mit Kindern. Sowohl man selbst als auch das Umfeld müssen immer noch wissen, dass es sich bei der Orcam nicht um eine Sehkorrektur handelt, sondern um ein Hilfsmittel, dass einem Menschen mit Sehbeeinträchtigung im Maximalen Maße den Alltag erleichtert. Unsere Jungs sind nach wie vor für Bildbetrachtungen zuständig, ich kann ihnen aber viele ergänzende Informationen liefern, wie es eine sehende Person auch tut. Besonders unser Großer ist total fasziniert und wir sind uns sicher, dass uns die Orcam bei den Hausaufgaben, die uns ab nächsten Sommer zum Schuleintritt ins Haus stehen, von enormen Nutzen sein wird.
Zum Schluss dieser kleinen Zusammenstellung von Eindrücken ist unbedingt noch zu erwähnen, dass eine sinnvolle und erfolgreiche Nutzung der Orcam im Alltag zunächst erlernt und geübt werden muss. Hierzu dient die mit der Orcam erworbene Schulung durch kompetente Mitarbeiter der Hilfsmittelvertreiberfirmen (in unserem Fall Thomas Guski von der Firma Helptech). Die Schulung ist Unerlässlich, denn besonders das Zeigen durch Gesten und die verschiedenen Möglichkeiten, sich mit dem Finger durch die Schwarzschrift zu arbeiten, kann man sich nur von einer kompetenten sehenden Person zeigen lassen, damit die Orcam zum ständigen Begleiter werden kann!

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